Habe komplett auf Alkohol verzichtet: Redakteurin berichtet über ihre 40-Tage-Challenge

Zwei Dinge vorweg: Ich mag gute Drinks, aber ich kann auch gut ohne Gin Tonic, Bier & Co. leben. Wenn mich allerdings jemand bitten würde, auf Kaffee zu verzichten, würde ich laut loslachen und dankend ablehnen.
Alkohol fasten: Tag 1-10 oder "Kein Alkohol, mehr Yoga"
Same procedure as every year: Jedes Jahr verzichte ich in der Fastenzeit auf Alkohol jeglicher Form. Der Grund dafür ist einfach: Verzicht tut gut, man startet gleich mit einem guten Gewissen in den Frühling und ehrlicherweise war die Faschingssaison von ständigem Anstoßen mit Bier, Prosecco und allerlei Hochprozentigem gekennzeichnet.
Deshalb werden am Aschermittwoch die Reste des wirklich guten Rotweins aus dem väterlichen Weinkeller nicht geleert, sondern weggekippt. Statt mit Freunden auf den Feierabend anzustoßen, lege ich eine Runde Yoga ein. Dazu muss man wissen, dass ich alles bin – nur kein Yogi. Ich jogge gern, ich liebe meine Räder und Ski (Betonung auf Plural!) und ich ziehe manchmal glücklich und zufrieden meine Bahnen im Schwimmbecken. Aber Yoga? – Eigentlich nicht, aber dennoch startet so meine Fastenzeit.
Die erste Woche geht rum. Alles easy. Am Wochenende bin ich bei einer Freundin Kartenspielen und lehne das Bier, das mir von ihrem Mann angeboten wird, dankend ab.
Alkohol fasten: Tag 11-20 oder "Noch ein Soda Zitrone mehr und der Zitronensaft löst meine Magenschleimhaut auf."
Bei einem Konzert einer britischen Indie-Band lasse ich mich auf Spezi einladen, beim Kinobesuch entscheide ich mich für ein Wasser. Am Wochenende gehe ich jedoch aus: am Freitag in eine Kneipe, am Samstag in eine Bar. Der Freitag gestaltet sich sehr unproblematisch, Johannisbeersaft-Schorle und "Wasser mit extra viel Zitronen" sei Dank. Meine Begleitung trinkt ein Bier, ich freue mich über vier Zitronenscheiben und extra Zitronensaft in meinem Glas Mineralwasser.
Oh, aber der Samstag: Ich stehe mit zwei trinklustigen Freundinnen in einer meiner allerliebsten Bars des Planeten. Normalerweise ist der Laden immer brechend voll, aber wir haben einen Platz am Tresen ergattert. Die erste Johannisbeer-Schorle schmeckt gut, die Grapefruitschorle auch.
Doch während sich meine beiden Begleitungen im Wechsel Bier und alkoholischen Tagesdrink bestellen, frage ich mich, ob es eben nur eine bestimmte Menge an Schorle gibt, die man sich täglich zuführen kann. Ich frage die Barkeeper nach Drinks ohne Alkohol.
"Mei– Fastenzeit, oder wie?" werde ich mitleidig gefragt. "Ja, wie jedes Jahr" murmle ich zurück. Mir wird ein alkoholfreies Bier empfohlen (es schmeckt nicht). Meine Freundinnen bestellen die vierte Runde solider Drinks. Ich sehne mich nach einem Tom Collins, meinem Lieblingsdrink in meiner Lieblingsbar, bestelle jedoch das, was dem am nächsten kommt: Mineralwasser mit "richtig viel Zitrone". Meine Freundinnen bezahlen meine ganzen Schorlen und Sodas. Ob aus Mitleid oder Respekt wird nie geklärt.
Wir ziehen in einen Club weiter. Ich sehe die beiden an: "Bier! Bier!" scheinen ihre Blicke zu sagen. Ich bestelle zwei Bier und ein Soda Zitrone. Ich denke: "Noch eins mehr und der Zitronensaft löst meine Magenschleimhaut auf."
Ich finde Freunde im Club, die ebenfalls die Fastenzeit zelebrieren. Sie halten Teegetränke in kleinen Glasflaschen in der Hand und lächeln mir zu. Ich zwinkere und sage "Wie jedes Jahr?" – "Wie jedes Jahr."
Die Müdigkeit treibt mich nach Hause. Meine beiden Mädels bleiben noch ein Bier länger, ziehen in den nächsten Club, finden es dort doof, gehen in einen Fast-Food-Laden und katern den ganzen nächsten Tag aus. Ich? Ich absolviere meine bereits 18. Yoga-Einheit in Folge.
Alkohol fasten: Tag 21-30 oder "Bist du schwanger?"
Nach meinem kleinen Durchhänger am Wochenende starte ich in die dritte Woche meiner Abstinenz. Natürlich ist das kein Problem. Für die Fragen mancher Freunde, wieso ich nicht trinke, habe ich mir längst meine Antworten parat gelegt: Bist du schwanger? – You wish. Bist du krank? – Hättest du wohl gern. Ist wieder Fastenzeit? – Exactly.
Ihre sämtlichen Versuche, mir ein Bier unter die Nase zu halten, prallen an mir ab. Jeder Umtrunk im Büro, jedes Treffen nach Feierabend wird mit Mineralwasser und Saftschorle von mir begossen.
Am Wochenende bin ich auf einem Punkrock-Konzert in meiner Heimat und spiele freiwillig den Fahrdienst. Meine Freunde danken es mir. Vielleicht vor allem deshalb, weil ich nicht die Spaßbremse bin, die sofort nach der Show heimfahren will, sondern weil ich bleibe. Ich bleibe, bis meine Freunde auch nach Hause fahren wollen.
Es ist wie früher: Einer muss eben fahren, die anderen können mit Alkohol feiern und ich bin dafür da, dass sie alle sicher nach Hause kommen. Sie schlafen im Auto ein, ich freue mich, dass wir einen wirklich guten Abend mit einem Spitzen-Konzert hatten, bei dem man nicht umständlich mit dem Taxi übers Land düsen musste.
Alkohol fasten: Tag 31-40 oder "Wann gibt's das erste Radler"
Die letzten Tage vergehen wie im Flug. Bevor ich ins Bett gehe, beende ich die Fastenzeit mit meiner 36. Yoga-Einheit in Folge. Mein erstes Radler nach der Abstinenz reicht mir mein bester Freund vier Tage später.
40 Tage kein Alkohol: Mein Fazit
Es geht nicht darum, mir zu beweisen, dass ich kein Alkoholproblem habe oder immer trinke, wenn ich ausgehe. Von beidem bin ich weit entfernt. Mir ist vielmehr wichtig, auch einmal verzichten zu können. Wie gesagt, auf Kaffee verzichten wäre schrecklich – aber sicherlich auch machbar. In der Fastenzeit Süßigkeiten links liegen zu lassen, ist seit zehn Jahren normal für mich. Man kann Verzicht also erlernen. Und seinen Kopf neu programmieren.
Ich gehöre zu der seltsamen Spezies, die trotz Getränkedurcheinander und manchmal einem Drink zu viel nie einen Kater hat. Daher kann ich leider keine Verbesserung bezüglich Schlaftiefe oder Kopfschmerzen oder sonstigen Hangover-Fakten erkennen.
Mir ist jedoch aufgefallen, dass es schlecht aussieht, wenn man in Bars und Kneipen irgendwann etwas anders als Schorle oder einen gängigen Soft-Drink bestellen will, oder etwas mit Gin ohne Alkohol.
Es wäre zu schön, wenn wenigstens eine gute Limonade auf den Karten stehen würde – und damit meine ich nicht zwingend die hausgemachte Zitronen-Ingwer-Melissen-Limonade mit Kurkuma und im Mondschein gepflückter Minze. Ich meine einfach etwas Spritziges, gern auch schon in Flaschen, das die Enthaltsamkeit spannender machen kann als der x-te Mainstream-Softdrink. Denn von denen kann man ganz ehrlich nur einen pro Abend trinken. In Zeiten, in denen an jedem Eck eine Craft-Beer-Brauerei aus dem Boden sprießt, fehlen mir irgendwie "coole Limos, die nicht zu süß sind". So oder so – Prost!
Mehr Detox-Erlebnisse gefällig? Die Redaktion hat auch getestet, wie sich 8 Wochen ohne Zucker anfühlen oder ob Intervallfasten wirklich funktioniert.
Quelle: Den ganzen Artikel lesen